Krieg und Frieden mitten in Europa

Erinnern in Verdun - Erinnern an Verdun

 

Abschlussklassen 10 der Realschule Plus Karthause Koblenz besuchen die Kriegsgräber des Ersten Weltkrieges

 

Zu einer eindrucksvollen Begegnung brachen die beiden Klassen 10 am frühen Morgen auf, um in Verdun die Kriegsgräber des Ersten Weltkrieges zu besuchen. Vorbereitet im Geschichtsunterricht begaben sich die Schüler auf Spurensuche in und um Verdun, um zu verstehen, was dort vor mehr als 100 Jahren mitten in Europa geschah und sich auch heute noch immer zu wiederholen scheint. Heute gibt es wieder einen Krieg mitten in Europa und auch heute hält die Welt den Atem an, ob sich daraus ein Weltkrieg entwickeln kann. Der Konflikt von damals zwischen Deutschland und Frankreich im Jahr 1914, der Konflikt heute zwischen der Ukraine und Russland im Jahr 2022. 100 Jahre später. Und wieder mitten in Europa.

 

Wir fahren mit unserem Bus schon seit 6 Uhr am frühen Morgen Richtung Frankreich, verlassen bei Etain die Autobahn und nähern uns Verdun. Tiefe Wälder, weite, grüne Wiesen säumen die Straße, die uns näher zu unserem Ziel führt. Eigentlich erinnert uns hier auf den ersten Blick nichts an den Ersten Weltkrieg. Doch schon bald merken wir, dass selbst nach mehr als 100 Jahren noch immer Spuren in der Landschaft zu finden sind, die zweifellos mit dem Krieg von damals verbunden sind und sich fest in der Landschaft verankert haben. Ein Blick aus dem Fenster in unserem Bus beweist: in den Wäldern, durch die wir fahren, sehen wir im Unterholz Gräben, tiefe Löcher, Trichter, Einschläge von Granaten und Bomben, Reste von  alten Schützengräben oder Laufgräben, Reste von alten Gefechtsständen, die langsam verfallen, langsam zuwachsen von Moosen, Flechten, Gräsern, Büschen oder sogar inzwischen hohen Bäumen, die hier verwurzelt sind. Manchmal stößt man in den Wäldern auf große Hinweisschilder: DANGER!  Lebensgefahr!

Denn noch heute findet man Munition, Patronenhülsen,  die längst nicht alle gefunden und entsorgt sind.  Spuren einer immensen Materialschlacht, die hier  in Verdun getobt hat und die auf beiden Seiten, auf deutscher wie auf französischer Seite millionenfache Opfer und Tote gefordert hat.

 

Unsere erste Station auf den Schlachtfeldern, den champs de bataille, ist das Memorial de Verdun, ein Museum, das die Franzosen hier mitten auf den Schlachtfeldern errichtet haben, um hier das Gesicht des Ersten Weltkrieges zu zeigen. Wir sehen hier, wie sich die Front im Verlauf des Krieges verschoben hat, wie die Waffen, die Ausrüstung, die Uniformen der Truppen aussahen: Gasmasken, Granaten, auch persönliche Dinge der Soldaten – das Gesicht des Krieges ist vielfältig: Eine große Feldküche auf Rädern, wo Soldaten während der Gefechtspausen etwas zu essen fassen konnten.

 

Unsere nächste Station ist das Fort Douaumont. Die Atmosphäre hier ist düster und gruselig. Viele Räume hier sind im Krieg zerstört, von den Decken tropft unaufhörlich Feuchtigkeit herunter, Pfützen bilden sich auf den nassen Gängen. 8 Monate lang war das Fort von den Deutschen besetzt gewesen und diese hatten nach einem verheerenden Feuer, das im Fort ausgebrochen war, einen Gang des Gebäudes in ein Grab für die Gefallenen umfunktioniert.

 

Etwa 700 Gefallene der deutschen Armee, so schätzt man, liegen heute noch immer hinter einer eingezogenen Wand, weil man sie wegen des Dauerbeschusses nicht im Freien beerdigen konnte. Vor den vielen Kränzen und Grablichtern, die heute noch vor der Mauer abgelegt wurden, wurden wir still. Trauerschleifen, ein Kranz der Bundeswehr, Kerzen und ein kleiner Teddy, den jemand hier abgelegt hat – wir wurden nachdenklich.

 

 

Am Ossuaire, dem beeindruckenden Gebeinhaus unsere nächste Station, blicken wir auf ein riesiges Feld an weißen Kreuzen, der größte Gefallenenfriedhof in Frankreich, der an die Opfer in Verdun bis heute erinnert.

 

16.000 Tote, die man identifizieren konnte,  liegen hier in ihren Gräbern, weitere 130 000 Tote liegen in Kammern als unbekannte Soldaten unter dem Gebeinhaus. Wir konnten einen Blick in diese Kammern werfen, unter dem Gebeinhaus sahen wir Knochen, Schädel, Helme, die hier nach dem Waffenstillstand aus der Umgebung zusammengetragen wurden.

 

Im Gebeinhaus selbst herrschte eine große Stille, schweigend liefen wir die großen Gänge hinab und zündeten eine Kerze für die gefallenen Soldaten an.

 

Am Ende unserer Besichtigung stoppten wir an einem ganz besonderen Ort, wo wir uns  eine Weile aufhielten. Fleury hieß das kleine Dorf damals. Heute stehen nur noch die Grundmauern mancher Gebäude, ein paar Bauernhäuser, die kleine Dorfschule, die Kirche. Das Dorf selbst ist verschwunden.

Hier war der äußerste Frontabschnitt, an dem deutsche und französische Soldaten aufeinandertrafen, hier tobte ein besonders harter Gefechtskampf, der Tausende von Opfern auf beiden Seiten einforderte.

 

Schweigend gehen wir durch das kleine Dorf, laufen auf den Wegen entlang, die Wiesenstraße, die Kirchgasse, deren Verlauf heute nur noch zu erahnen ist.

Links und rechts der Wege sehen wir die Mauerreste der Dorfhäuser, von denen sonst nichts mehr zu sehen ist. Heute

 

ist es still in und um Fleury, hohe Bäume sind in den 100 Jahren inzwischen gewachsen, langsam hat sich die Natur die Flächen zurückerobert, auf dem einst Fleury gestanden hat. Über tiefen Gräben und Trichtern, die damals den Boden aufgewühlt haben, wächst heute Gras. 

Eine kleine Kapelle steht heute in Fleury, die mahnend an den Frieden erinnert. Besonders fällt uns hier die kleine Madonna auf, die neben der Eingangstür der Kapelle angebracht ist, sie trägt einen blauen Mantel um sich mit goldenen Sternen, ein wenig verblasst sind die Farben der Madonna, die Farben Europas, blau und gold.

 

Ein Appell an den Frieden

 

Verdun  - ein Mahnmal heute für den Frieden in Europa. Unvergessen bleibt das Bild, was wir in unseren Köpfen mit nach Hause nehmen: ein riesiges Feld an Gräbern und Kreuzen auf dem Friedhof.

 

300 000 gefallene Soldaten, 400 000 Verwundete – das ist die traurige Bilanz des Krieges. Jedes Grab ist heute liebevoll gepflegt mit Rosen und frisch gestrichenen weißen Kreuzen, dazwischen grüne gepflegte Rasenflächen, weit bis zum Horizont. Ein eindrucksvolles Bild, das wir in Erinnerung behalten werden.

 

Heute gibt es wieder einen Krieg in Europa, schon seit mehr als zwei Jahren….

Haben wir etwas aus der Geschichte gelernt?

Erinnern in Verdun – Erinnern an Verdun: Wir denken, das ist ganz besonders heute wichtig.

Ein Appell an den Frieden in Europa damals wie heute

Texte: Schülerzeitungsredaktion „Click on!“ der Realschule Plus Auf der Karthause

(Jona Deffner, Wyatt Michel, Nicia Mayengo, alle Klasse 10 c, Karoline Herz)

 

 Fotos: alle Schülerzeitungsteam „Click on!“ 

 Juni 2024